Oktober 2011
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Schachaufgabe

Archiv SCO

Spannung, Stars und harte Kämpfe

Gusti

Sollte jemals einer gedacht haben Schach wäre kein Sport, so empfiehlt sich auf jeden Fall der Besuch eines Schachbundesliga-Wochenendes. Ist dies auch noch das Wochenende des Bundesliga-Auftaktes, an dem alle 16 Teams in einer Sporthalle gleichzeitig aufeinandertreffen, so ist die Anspannung unter der die einzelnen Akteure stehen schon fast mit Händen zu fassen. Klare Mannschaftsorder, Live-Übertragung im Internet an ein riesiges Heer von Interessierten, mehrere hundert Zuschauer vor Ort, die sich in Trauben um die entscheidenden Bretter scharen und die Anwesenheit der Topleute des Metiers die Teilweise für Kommentierungen und ad-hoc-Analysen zur Verfügung stehen sowie der entsprechenden Geldgeber lassen jeden Zug, jede Entscheidung zu einer Stellungsveränderung zu einer wirklichen Belastung werden. Die Spieler sitzen dabei bis zu 7 Stunden unter Dauerbeobachtung und kaum eine Partie ist vor der ersten Zeitkontrolle entschieden.P1010206

Das die Teams sich zu so einem Mega-Event natürlich einiges einfallen lassen ist verständlich. So sind fast alle Teams in einheitlicher Kleidung oder einem einheitlichen Erkennungszeichen (Katernberg in grün-weißen Schals und Trier mit gelben Lanyards) angetreten, wobei Dresden eindeutig den Preis als bestgekleidete Mannschaft erhält (weißes Hemd mit Emblem, Krawatte und Vereins Jackett). Auch gab es Broschüren einzelner Teams (Baden-Baden und Hockenheim) in dem die Teams, der Verein und die schachlichen Ziele vorgestellt wurden und Interviews mit den Stars abgebildet waren. Selbstverständlich ist das nur Beiwerk, hat aber auch einiges zur Atmosphäre und zur Wahrnehmung als Team beigetragen. Manche der Zuschauer haben sich dem angepasst und so waren auch Fangruppen erkennbar.

Bei so einem Event will man natürlich auch glänzen und so waren sehr unterschiedliche Taktiken zu erkennen. Baden-Baden wollte wohl nichts anbrennen lassen und fuhr eine Top-Mannschaft auf, während Bremen auf viele Top-Leute verzichtete. Hockenheim spielte mit der gleichen Mannschaft über alle drei Runden, während SF Berlin mit Aronian gegen Bremen in der dritten Runde eine wirkliche Überraschung auflaufen lies. Dies hat die Bremer auch gleich so aus dem Konzept gebracht, dass sie trotz ihrer Favoritenrolle 2:6 untergingen.

BremenInteressant bei einer solchen Veranstaltung ist natürlich auch das zu beobachtende Drumherum, was ja auch immer mal wieder zum Spekulieren anregt. So konnte man zum Beispiel Jan Gustafsson sehen, wie er was Visitenkartenähnliches an Tomi Nybak vom stärksten Konkurrenten Bremen gab, Volker Seifert wurde dem Mannschaftsführer vom zukünftigen Gegner Hockenheim vorgestellt, Falco Bindrich steckte Arik Braun die Einladung von ACO (The New World Amateur Chess Organization) zu und und und 😉

Dass man bei solch einer Veranstaltung natürlich sehr viel lernt sei nur nebenbei erwähnt. Empfehlenswert ist auf jeden Fall das Läufer-Endspiel von Kolbus – Kasimdzhanov und das Turmendspiel Vallejo-Pons – Erdos. Es gibt natürlich für jeden etwas und es empfiehlt sich auch die eigene Eröffnungsbehandlung mit denen der Stars der Szene mal abzugleichen und die eine oder andere Partie nachzuspielen.

Apropos eigen. Selbstredend gab es auch genug Gelegenheit sich selbst ans Brett zu setzen. Sei’s an eines der vielen aufgestellten für die Analyse oder zum Besucherblitz oder zum Simultan mit GM Viktor Kortschnoi, dem ehemaligen Vizeweltmeister und mit 80 Jahren und einer Elo von 2556 immer noch zu Recht den Beinamen “der Schreckliche” tragend. So wütete er auch in den Reihen der Simultanspieler und gewann letztendlich nach 4,5 Stunden Rundgang 19 Partien, gab 2 auf und remisierte 4. Dazu eine kleine Anekdote. Ein Teilnehmer sagte zu Kortschnoi als er wieder an sein Brett kam “Ich nehme ihr Remis” an. Kortschnoi: “Sie wollen aufgeben” Teilnehmer: “Ich dachte sie hätten mir vorher Remis angeboten” Kortschnoi “Aber das ist doch total verloren” Teilnehmer “Dann hab ich sie falsch verstanden” Kortschnoi “Sie wollen Remis? Jetzt haben sie Remis” und ging weiter.IMG_8615

Natürlich durfte auch das gesellige nicht zu kurz kommen und so wurden mit der “Biene” und dem “Kortum” passendes gefunden und sollte wieder einmal Mülheim auf dem Programm stehen werden wir uns auch noch die “Mausefalle” gönnen.

Wer Lust auf mehr hat, dem sei die Homepage der Schachbundesliga mit Berichten und Bildern ans Herz gelegt und selbstverständlich kann man dort unter dem Liveportal auch alle Partien nachspielen.

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